Powerman Zofingen (10-150-30) – ITU Powerman Long Distance Duathlon World Championships 2017

Ronnie Weissenfeld Powerman Zofingen

Der Powerman Zofingen (10-150-30): härtester Duathlon der Welt und gleichzeitig „2017 Zofingen ITU Powerman Long Distance Duathlon World Championships“.

Was bewegt jemanden dazu, beim Powerman in Zofingen auf der Langdistanz zu starten? Eine Frage, die sich zwei Tage nach dem härtesten Duathlon der Welt (wie er offiziell genannt wird) nicht rational beantworten lässt. Nein, es ist auch nicht das Verlangen nach Schmerzen, die einen nach wie vor beim Treppenabsteigen etwas unbeholfen wirken lässt. Doch was ist es dann?

Als Duathlet befindet man sich in einer sportlichen Nische, die von der breiten Öffentlichkeit nicht wirklich wahrgenommen wird. Nicht einmal die Rechtschreibkorrektur in Word kennt den Begriff „Duathlet“  und möchte allzu gern in „Du Athlet“ korrigieren. Die öffentliche Aufmerksamkeit hält sich also in Grenzen, wenn man sich für diesen Sport entscheidet – dessen muss man sich bewusst sein. Aber Exot zu sein muss ja nicht zwangsläufig negativ sein. Ob man nun Duathlon dem Triathlon vorzieht, weil man das Schwimmen als erste Disziplin nicht so mag und lieber läuft („do what you love“), oder sich der Herausforderung der Schwimmstiloptimierung und des Kachelnzählens entzieht, muss in der Sichtweise jeder für sich selbst entscheiden. Ich für meinen Teil finde Duathlon eine Sportart, in der ich mich in meinen beiden Lieblingsdisziplinen angekommen fühle und daher dankbar bin, dass es solche Sportveranstaltungen gibt – die eine Vielzahl an Herausforderungen bereithalten und sich gerne in der Anzahl ausdehnen dürfen.

In Zofingen 2016 war ich das erste Mal bei einem Duathlon aktiv – dort auf der Kurzdistanz. Die 10km Laufen, 50km Radfahren und der abschließende Lauf über 5km waren derart prägend, dass ich mir den Finisher auf der Langdistanz zum Ziel gesetzt hatte. Nach der BaWü-Meisterschaft im Frühjahr (ebenfalls auf der Kurzdistanz) durfte ich Ende Mai beim Powerman in Ulm das erste Mal Langdistanz-Luft schnuppern. Mit 10-80-20 war das Profil nicht ganz so hart wie das in Zofingen, aber es war doch schon eine ordentliche Duftmarke. Insbesondere die sommerlich heißen Temperaturen waren hier ein harter Kampf. Im Vergleich zu Ulm nochmal 70km mehr Radfahren (mit mehr Höhenmetern) und zum Abschluss 10km weiter Laufen (und das diesmal nicht flach) – das also muss man bei der Duathlon-WM auf der Langdistanz leisten?!? Der Juni, Juli und August sollte es richten…

Die Vorbereitungszeit der letzten drei Monate war soweit gut. Keine Verletzung, endlich mein vollständiges Equipment beisammen und Spaß beim Training und in den Wettkämpfen – dies die Vorzeichen für das Event am 03. September 2017. Durch den Sieg in der Alterskategorie bei den Deutschen Meisterschaften in Ulm durfte ich sogar offiziell von der DTU nominiert in der WM-Wertung der ITU (Age Grouper) starten. Dass man sich dafür den DTU-Wettkampfanzug privat kaufen muss, war eine etwas überraschende Erkenntnis. Doch nun zum eigentlichen Wettkampf.

Rennbericht Powerman Zofingen 2017 (10-150-30 #runbikerun)

Startschuss zu den ersten beiden Laufrunden war um 9 Uhr. Aufgrund des prominenten Starterfeldes war es dringend angebracht, sein eigenes Tempo zu laufen. Locker in den Wettkampf einsteigen jedoch Fehlanzeige – das weiß der erste Anstieg gleich mit dem Startschuss zu verhindern. So gilt’s also mit dem Start die Balance zwischen Tempo und Kräftehaushalten zu finden. Die erste Runde fühlte sich gut an und auch die zweite Runde konnte ich mir mein gutes Laufgefühl bewahren. Die Wechselzone erreichte ich nach 34min54s.

Helm aufsetzen und rein in die Radschuhe – dann das Zeitfahrrad greifen. Der erste Wechsel erfolgte problemfrei. Da ich nach wie vor noch nie das Aufsteigen mit vormontierten Radschuhen probiert habe, wollte ich keine Experimente eingehen. Besinnung auf das, was man kann. Also Einklicken kurz nach der Freigabe zum Radfahren und Aeroposition einnehmen. Beim Blick auf die Wattwerte die Erkenntnis, dass es gut läuft – jetzt nur nicht überziehen. Das hatte zur Folge, dass man Kontrahenten ziehen lassen und sich um die Einhaltung der Windschattenverbotszone kümmern musste, um einer Zeitstrafe zu entgehen. Zur Hälfte der ersten von drei Radrunden war das Feld in meiner Position derart entzerrt, dass die Windschattenregel nebensächlich war. Die zweite Runde war der Pedaldruck nach wie vor gut, wenn auch nicht mehr so flüssig am Berg. Spannend sollte es auf der dritten Runde werden, da ich in der Vorbereitung nie über 100km in Zeitfahrhaltung unterwegs war. Erst waren es die Beine, die nur noch schwergängiger die zuvor erzielten Wattwerte kurbeln ließen. Dann meldete sich der Nacken mit leichten Verspannungen, jedoch im erträglichen Maß. Als am Berg erste Krämpfe einsetzten, war der Kopf gefragt: weiterdrücken – nur nicht nachlassen! Mit guter Stimmung ging’s wieder Richtung Zofingen, wenn auch die dritte Radrunde etwas Zeiteinbuße im Vergleich zu den beiden ersten Runden eingebracht hatte. Was wohl der Wechsel in die Laufschuhe an neuen Herausforderungen parat hält?

Die Radschuhe hatte ich diesmal schon auf dem Rad geöffnet und ausgezogen. So musste ich in der Wechselzone nur noch in die Laufschuhe schlüpfen – das Rad inkl. Helm natürlich zuvor ordnungsgemäß verräumt. Beginnt nun der Tanz auf den Eiern? Erstaunlicherweise nein. Auch diesmal konnte ich den Wechsel gut verarbeiten und hatte lediglich mit müden Beinen zu kämpfen, die mich am schnellen Laufen hinderten. Jetzt noch 30km – aufgeteilt in 4 Laufrunden mit fiesem Höhenprofil – und dann ist es geschafft. Dass man dabei die komplette Laufstrecke je „Runde“ bis zum Wendepunkt auf dem Heitere mit Gegenverkehr läuft, lässt einen zwar das Tempo der Spitzenathleten live miterleben – aber man misst sich zwangsläufig auch mit den übrigen Kontrahenten, was moralisch fordert. Die Beine waren gefühlt am Ende. Die Anstiege und Bergab-Passagen wurden von Runde zu Runde mühsamer. Es war der Kopf, der mir Runde um Runde die Annäherung ans Ziel vor Augen hielt und zum Weiterlaufen aufforderte. So erreichte ich nach 7h52min41,6s die Ziellinie in Zofingen – und darf mich Finisher beim härtesten Duathlon der Welt nennen.

Platzierung in der WM-Wertung: 55. Platz gesamt / 7. Platz in der Alterskategorie

Jetzt heisst es gut regenerieren – und endlich DIE Pizza essen, die mir auf den abschließenden 30km die ganze Zeit durch den Kopf gewandert ist…

Sportliche Grüße,

Ronnie Weissenfeld