Challenge Roth 2019 – Rennbericht zur ersten Triathlon-Langdistanz

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Eine Triathlon-Langdistanz 6 Monate nach einer Schulter-OP? Kann man machen…

Als Vollblutsportler mit Saison-Ziel Challenge Roth Sub10h (für 3,8km Schwimmen, 180km Radfahren und einem abschließenden Marathon) trifft dich die Diagnose Schultereckgelenksprengung schon sehr hart. Insbesondere, wenn du dir das Ticket zur Teilnahme bereits gesichert hast und du voll motiviert mit dem Schwimmtraining durchstarten wolltest – denn Schwimmen ist logischerweise für einen Duathleten in der Metamorphose zum Triathleten die anspruchsvollste Disziplin. Allerdings gilt’s relativ schnell die emotionale Seite abzulegen und rationale Entscheidungen zu treffen: wer und was kann dir dabei helfen, dass du schnell wieder so hergestellt wirst, um neben deinen sportlichen Zielen auch sonst möglichst uneingeschränkt durch’s Leben gehen zu können? Ich hatte das Glück, dass ich zur richtigen Zeit am richtigen Ort mit dem richtigen Orthopäden die für mich richtige Entscheidung treffen konnte: Hakenplatte plus Sehnentransplantation. Keine Woche nach dem Schultercrash im Bikeurlaub waren die Bänder wieder fixiert und die Clavicula mittels Hakenplatte richtig positioniert. Von nun an 3 Monate „Ironman“ – wenn auch die Platte selbst aus Titan ist ;-)

Während der 3 Monate mit temporärer Platte war die Bewegung des linken Arms natürlich deutlich eingeschränkt und wenig belastbar. Allerdings hieß das Ziel weiterhin Challenge Roth 2019 und daher waren Wege notwendig, die einen nicht völlig außer Form verkommen lassen würden: Physio, lange Spaziergänge, easy Rollentraining in aufrechter Sitzposition, Besuch im Josko fitness – das die sportlichen Highlights des Winters 2018/2019. Am 11. Januar 2019 dann der große Tag: Hakenplatte adé!

Von nun an waren es noch 6 Monate bis zur Challenge Roth. Langdistanz machbar? Erfahrung hatte ich noch keine – es sollte ja schließlich meine erste Langdistanz werden. Zweifel? Nicht angebracht: volle Zuversicht! Wenn der Kopf mitspielt, bist du auf einem guten Weg. Natürlich habe ich mein Ziel der Sub10h dahingehend etwas feinjustiert, dass ich auch schon mit einem Finisher happy wäre (aber insgeheim habe ich trotzdem immer an die Sub10 geglaubt).

Das erste Schwimmen erfolgte am 13. Februar 2019: 1.000m in einer Pace von 2min45s/100m. Michael Phelps hätte mich damit wohl mit Schwimmbrett und Wackeln seiner Zehen noch überholt, aber der Anfang war gemacht. Schließlich zeigten sich sehr schnell deutliche Fortschritte in der Kraft, Beweglichkeit und Funktionalität der Schulter, was sich auch in der Schwimmpace bemerkbar machte. Die weitere Vorbereitung verlief dank individuell abgestimmtem Trainingsplan, Disziplin und Unterstützung durch das Umfeld nach Plan. So hatte ich im Vorfeld der Challenge Roth (also im Jahr 2019 bis Ende Juni) folgende Trainingsumfänge absolviert:

  • 150km Schwimmen
  • 5.000km Radfahren
  • 1.000km Laufen

Das sollte aufgrund der darin enthaltenen Trainingsqualität für 3,8km Schwimmen, 180km Radfahren und einen abschließenden Marathon reichen – und aus meiner Sicht rein kalkulatorisch auch für eine knappe Sub10.

Der 07. Juli 2019 – Startschuss für die Challenge Roth 2019!

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In Startslot 5 um 6:55 Uhr ging’s per Kanonenschuss in den Main-Donau-Kanal. Die Wassertemperatur knapp unterhalb der 24,5 Grad ermöglichte ein Schwimmen im Neoprenanzug, wenn ich auch mental und physisch auf ein Schwimmen ohne Neo vorbereitet gewesen wäre. Sorry Leute, aber dieses Drama mancher Triathleten im Vorfeld zur Challenge Roth zu einem möglichen Neoprenverbot ist der Sportart nicht würdig – es ist eine Herausforderung (wie allein der Name der Veranstaltung schon besagt) und da hat man sich drauf einzustellen bzw. hat die Regeln zu akzeptieren. Punkt.

Die 3,8km Schwimmen waren im Rahmen meiner Zielzeitprognose: 1h13min09s. Damit hatte ich 1min51s auf meine kalkulatorische Sub10 an Puffer geschaffen – läuft… Bis auf die mehrfach rutschende Badekappe und nur wenig Wasserschatten (was mich allerdings auch prügelfrei und damit „entspannter“ schwimmen ließ) gibt’s wenig zu berichten. Die Schulter funktionierte und die Distanz war gut ohne größere Ermüdungserscheinungen zu machen. Die Zuschauer an beiden Seiten des Kanals und auf der Brücke, welche bei jedem Atemzug und Orientierungscheck ins Blickfeld rückten, waren ein echtes Highlight.

Der erste Wechsel: du schnappst dir deinen Beutel und läufst in das Wechselzelt. Im Zelt selbst wird man von helfenden Händen unterstützt: du wirst zu einer freien Stelle gelotst, dein Beutel wird dir abgenommen und ausgeleert, und du musst nur noch sagen, was du in welcher Reihenfolge gereicht bekommen magst – alles weitere übernehmen die freiwilligen Helfer, denen ein dickes Lob und Danke gebührt!

Aus dem Zelt raus und das richtige Rad geschnappt. Natürlich den Helm davor ordnungsgemäß verschlossen. Jetzt nur nicht das Aufsteigen ab der Markierung versemmeln. Durch den leichten Regen am Morgen war der Asphalt etwas rutschig. Ja, ich gehöre zu den Sportlern, die ihre Radschuhe bereits in der Wechselzone anziehen und nicht erst auf dem Rad in die eingeklickten Schuhe schlüpfen. Wenn du aber weisst, dass Schuhplatten per se schon rutschig sind, ist das Einklicken auch auf nassem Untergrund gut machbar. In den Kurven der Radstrecke (2 Runden mit leicht welligem Profil) war ich vorgewarnt, dass es ebenfalls an Bodenhaftung fehlen könnte  – also kein unnötiges Risiko eingehen. Mit zunehmendem Tagesverlauf trocknete die Strecke ab und es wurde auch in den Temperaturen angenehm.

Laut Wettkampfbesprechung am Vortag sollten noch mehr Schiris als im Vorjahr auf der Strecke sein, die auf die Regeleinhaltung achten würden und ggfs. via Verwarnung, Zeitstrafe oder Disqualifikation jegliche Vergehen ahnden würden. Zu Beginn der Radrunde war für mich dahingehend noch nicht so viel zu erkennen – aber klar auch, dass nicht jeder Athlet seinen eigenen Schiri zugewiesen bekommen kann. Als es jedoch für mich zur Situation kam, dass ein Überholen nur durch Überfahren der Mittellinie möglich gewesen wäre und der Blockierer auch nach höflicher (und zugleich schwer überhörbarer) Aufforderung zum Rechtsfahren seinen Pflichten nicht nachkommen wollte, kam mir das heranfahrende Motorrad gerade recht. So hatte ich wieder freie Fahrt und konnte dahin segeln.

Produzier keine Wattspitzen, fahre mit gleichbleibendem Druck, behalte bis zu einer gewissen Pace am Berg die Aeroposition und verpflege dich gut – das die kurzgefasste Vorgabe, die ich konsequent befolgte. Eine besondere „Geduldsprobe“ bekommst du an je zwei Stellen der Radrunde serviert: am Kalvarienberg bei Greding und am Ortsausgang von Hilpoltstein mit seinem Hotspot Solarer Berg. Aufgrund der zutiefst emotionalen Stimmung fällt es dir unglaublich schwer, den beflügelnden Anfeuerungsrufen der Zuschauer (darunter meine eigene und erweiterte Familie – worunter ich das CK-Team einschließe) ohne kräftigeren Druck auf’s Pedal zu widerstehen. Dank Wattmessung bekommst du jedoch umgehend ein Feedback auf dein Display projiziert, dass dich vor unvernünftigen Taten schützen hilft, die es ansonsten später zu büßen gilt. Mit einer NP von 209 Watt über die 180km bin ich vielleicht minimal unter meinen körperlichen Möglichkeiten geblieben, aber mit einer Radzeit von 5h06min55s (entspricht einem Schnitt von 35,2 km/h) war ich 13 Minuten schneller als mein Plan unterwegs. Zu gut, dass meine stärkste Disziplin erst noch kommen sollte…

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In voller Freude über den bisherigen Rennverlauf ging’s in T2 wieder unterstützt durch Helferhand in die Laufschuhe. Was wird der abschließende Marathon wohl bringen? Wie fühlen sich die Beine an? Was sagt der Magen? Fragen um Fragen, auf die man seine Antwort bekommen wird, ohne es im Vorfeld vollständig richtig einschätzen zu können. Mein Plan für die 42,2km war eine Zeit um 3h20min, was einer Zielpace von 4min44s auf den Kilometer entspricht. Die tatsächlichen Daten der ersten Kilometer: viel zu schnell! Während ich auf den letzten Kilometern auf dem Rad schon etwas schwere Beine verspürte, waren diese auf den ersten Laufkilometern wie ausgewechselt.

„Zügel dich und übertreib es nicht – hab aber schon auch Spaß und lass es laufen!“

So die innere Stimme zu mir selbst, die mich das Tempo auf eine 4min20er-Pace herunterdrosseln ließ. Nach weiteren Kilometern und ein paar Kopfrechenübungen die eigene Erkenntnis, dass es damit auf eine 3h-Marathonzeit rauslaufen würde. „Junge Junge, das wirst du büßen!“ Also nochmals das Tempo leicht reduziert, wobei hier auch ein anderer Einfluss seinen Teil dazu beitrug. Die Strecke am Main-Donau-Kanal entlang ist eine Wendepunktstrecke, die an diesem Nachmittag von Wind geprägt war. Mit dem Wendepunkt an der südlichen Schleuse war es mit der Windunterstützung vorbei und dieser kam nun frontal von vorn. Wenn du aber im Flow bist und einen um den anderen Athleten vor dir einsammelst, kann dir auch aufkommender Gegenwind nichts anhaben. Klar wurde es auf den letzten 12km schon auch härter, um die Pace aufgrund der Muskelermüdung zu halten, aber die Überholmanöver gepaart mit der Stimmung an der Strecke beflügelten bis zum Ziel: Marathonzielzeit in 3h09min43s.

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Erste Triathlon-Langdistanz: Challenge Roth 2019 in 9h36min06s

Dass mit dem furiosen Lauf die Sub10 zu erreichen ist, war mir schon recht früh beim Laufen klar. Eine Finisher-Zeit von 9h36min06s bei meiner ersten Triathlon-Langdistanz und dann auch noch im legendären Roth: irgendwie noch immer nicht vollständig fassbar. Ein perfekter Tag mit einem perfekten Rennverlauf – cheers!

Mit einem „Danke“ an alle Unterstützer, die mir dieses Ergebnis überhaupt erst mit möglich gemacht haben, ist es irgendwie nicht getan. Trotzdem möchte ich hier mit einem 1.000 Dank abschließen – ihr seid ein wesentlicher Teil einer für mich noch unglaublichen Story zu meinem Saisonhighlight 2019!

Ronnie